Ratsbegehren – Direkte Demokratie von oben und was das mit dem Innenstadtsterben zu tun hat

Noch relativ selten ist die Verlagerung von sachpolitischen Entscheidungen zum Bürger hin. Diese nehmen jedoch immer mehr zu. Wenn Kommunalpolitiker der Meinung sind, die Bevölkerung solle selbst über ein Thema abstimmen, wird ein sogenannter Bürgerentscheid von oben in die Wege geleitet. Dies ist ein Ratsbegehren.

Das Ratsbegehren, welches jedoch nicht in allen Bundesländern vorgesehen ist, ermöglicht einen direkten Bürgerentscheid, ohne im Vorfeld Unterschriften zu einem Bürgerbegehren sammeln zu müssen.

Ein Ratsbegehren funktioniert im Grunde also genauso wie ein Bürgerentscheid. Die stimmberechtigten Wähler bekommen am Wahltag einen Stimmzettel vorgelegt, auf dem eine Frage formuliert ist, der diese mit „Ja“ oder „Nein“ zustimmen können. Bei Stimmengleichgewicht gilt die Frage als mit „Nein“ beantwortet. Ebenfalls besteht die Möglichkeit dass mit einem Abstimmungsschein (ähnlich wie bei der Briefwahl) abgestimmt werden kann. Die Regelung zur Erreichung des vorgesehenen Quorums bleibt dabei natürlich bestehen. Ein Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses.

In Bayern wurde dieses Instrument „Bürgerbegehren und Bürgerentscheid“ 1995 eingeführt.

Am niederbayerischen Städtchen Rottenburg an der Laaber lässt sich gut aufzeigen, wie diese Form der „Direkten Demokratie von oben“ gelebt werden kann.

Hier beschäftigt sich der Stadtrat seit dem Jahr 2014 intensiv mit der Entwicklung eines alten Geländes, auf dem zuvor eine Ziegelei ansässig war. Frühzeitig wurden die Bürger mit ins Boot geholt, durch Workshops und Bürgerbeteiligungen. Erarbeitete Schwerpunkte sollten durch die Entwicklung eines Einzelhandelskonzeptes untermauert werden und richtungsweisend den Standort Rottenburg an der Laaber analysieren.

Wie so viele kleine und auch große Städte plagt und behindert das Einzelhandelssterben die Förderung der Wirtschaftsentwicklung in den Stadtkernen. Verkaufsflächen rechnen sich nur noch in großen Mengen für große Betreiber – so das Kredo. Bezahlbare Verkaufsflächen im Zentrum, für kleinere Einzelhändler schwinden immer mehr. Dies hat unter anderem auch etwas mit dem veränderten Kaufverhalten der Menschen zu tun – ein Klick beim Online-Händler ist oft schneller getan, als der Weg ins Ladengeschäft. An die damit unnötig entstehenden CO2-Werte wird dabei jedoch selten gedacht.

In Rottenburg versuchte ein Investor über zwei Jahre Betreiber für ein Konzept der „kleinen Läden“ zu finden – vergebens. Auf was auch Rottenburg an der Laaber nun hofft: ein Magnet für die Innenstadt. Ein großes Zentrum an vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten unter einem Dach. Eine Entscheidung die über Jahre und Generationen das Bild von Rottenburg an der Laaber prägen wird und auch die Menschen vor Ort.

Doch die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sind nicht alle dafür und das ist auch gut so. In einer Demokratie sollte jeder das Recht haben seine Meinung frei zu äußern – sachlich und dem Thema entsprechend.

Aufgrund dieser Wichtigkeit und Brisanz entschied sich der Stadtrat für ein Ratsbegehren. Aus Überzeugung, die Ansiedlung eines großen Einzelhändlers sei für die Versorgungsicherheit für Nah und Fern ein großer Schritt in die richtige Richtung für die Stadt.

Wie bei jedem Bürgerentscheid gilt auch hier die Devise: Der Bürger hat die Gelegenheit und auch Pflicht sein Wahlrecht in Anspruch zu nehmen.

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