Die Kraft der bürgerlichen Mitte: Berliner Bürger kämpfen für Tegel
Die Zukunft des Berliner Flughafens Tegel (TXL) ist in der Hauptstadt längst zum Politikum geworden. Schon vor über 20 Jahren entschied der Berliner Senat, Tegel zu schließen. Ein halbes Jahr nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER soll TXL schließen – so sieht es der „Konsensbeschluss“ des Senats von 1996 vor. Der BER ist hingegen noch immer nicht fertig – und gegen die Pläne des Senats haben die Berliner Bürger längst mobil gemacht.
Das Volksbegehren „Berlin braucht Tegel“, initiiert von den Freien Demokraten in Berlin, dem Verein TEGEL BLEIBT OFFEN e. V. und dem Verein „Pro Tegel“, reichte zum Fristende am 20. März nach eigenen Angaben rund 247.000 Unterschriften für den Erhalt des Flughafens ein. Um einen Volksentscheid zu erzwingen, sind 174.000 gültige Unterschriften nötig.
Die Initiative hat sich also einen Puffer von knapp 73.000 für ungültige Unterschriften geschaffen. Die Chancen, dass es zum Volksentscheid kommt, stehen damit gut. Am 4. April 2017 gibt die Landeswahlleiterin bekannt, ob das Quorum erreicht ist.
Die Bevölkerung wehrt sich
Schon jetzt zeigt das Volksbegehren aber, dass die bürgerliche Mitte auch heute noch eine enorme Kraft entwickeln kann. Die Dynamik ist erklärbar: Voraussetzung dafür ist, dass die Menschen vom Thema emotionalisiert sind. Die geplante Schließung hat genau das offensichtlich ausgelöst. Nach einer FORSA-Umfrage sprechen sich gar 73 Prozent für den Erhalt aus.
Hinzu kommt, dass die rot-rot-grüne Landesregierung im Berliner Senat die Stimmung innerhalb der Bevölkerung augenscheinlich nicht ausreichend gewürdigt hat. Die Menschen haben das Gefühl bekommen, dass an ihnen vorbei entschieden wird. Das stört das Gerechtigkeits- und Demokratieempfinden vieler. Sie wollen ihre Stimme Gehör verschaffen.
Die politische Ausnahme in dieser Sache war lange vor allem durch die FDP abgebildet. Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion Berlin, ist Mitinitiator von „Berlin braucht Tegel“ und steht an der Spitze der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition. Auch die AfD befürwortet die Offenhaltung des TXL. Mittlerweile hat auch die CDU ihre Position verändert und kann sich vorstellen, TXL auch nach der Eröffnung des BER weiterzubetreiben.
Wie es weitergeht
Die Causa Tegel könnte also zum Gegenstand der direktesten Demokratieform werden, die wir in Deutschland haben: Dem Volksentscheid.
Ob es dazu kommt hängt zum einen von der ausreichenden Zahl gültiger Unterschriften ab. Zum anderen hat der Senat, sollten die nötigen Unterschriften vorliegen, die Möglichkeit innerhalb von vier Monaten die Forderung des Volksbegehrens zu übernehmen. Passiert dies nicht, kommt es zum Volksentscheid. Czaja plant, diesen mit der Bundestagswahl 2017 am 25. September durchführen zu lassen. Das nötige Quorum von einem Viertel aller Wahlberechtigten Berliner ließe sich damit leicht erreichen.
Bild: © Günter Wicker / Flughafen Berlin Brandenburg GmbH